11.29.2009

Veränderungen im europäischen Profi-Fußball durch Anhebung des Spitzensteuersatzes?

Blawgconomics is happy to be able to post a German translation of Changing Tax Regimes Could Shift the Balance of Power in European Football courtesy of native speakers and very good friends of the site Christine Wecker and Florian Seelig. As always, comments and feedback are appreciated.

Dem Durchschnittsbürger mag es von Zeit zu Zeit schwerfallen, die Nöte und Sorgen eines Fußballspielers nachzuempfinden, der mehrere zehn bis hunderttausend Dollar pro Woche verdient und dabei noch von einer großen Schar von Fans verehrt wird. Vor allem in Zeiten wie diesen, inmitten der weltweiten Wirtschaftskrise, in der die Arbeitslosenquote in den USA die 10%-Marke erreicht, erscheint dies besonders schwer nachvollziehbar.

Trotz alledem werden auch Fußballspieler von ganz alltäglichen Sorgen geplagt. Auch sie müssen Hypotheken bedienen, Luxusautos unterhalten und Restaurantrechnungen in Höhe von mehreren tausend Dollar begleichen, um den Ansprüchen ihrer Modelfreundinnen gerecht zu werden... Nun ja, vielleicht unterscheiden sich ihre Sorgen ein wenig, aber auch der Ottonormalverbraucher kann im Prinzip den folgenden Punkt erfassen; einige professionelle Sportler, Fußballspieler eingeschlossen, treffen Entscheidungen bezüglich ihrer künftigen Karriereplanungen lieber im Hinblick auf einen möglichen Gehaltsscheck als auf die Möglichkeit sportlichen Renommees.

Aufgrund dieser schockierenden Tatsache und im Hinblick auf zukünftige Änderungen im Besteuerungssystem der Länder, in denen die Top-Ligen dieser Welt zu Hause sind, dürfte das jetzige Gleichgewicht der erfolgreichsten Ligen in Europa bald ins Wanken geraten. Auch wer weit vom Spitzensteuersatz der Topverdiener entfernt ist, kann sich leicht ausmalen, was mit einem Gehalt passiert, das einen Steuerabschlag von 43-50% erleidet, bevor es auf dem Konto des Empfängers landet. Genau das wird nämlich den ausländischen Spielern in Spanien und England ab nächstem Jahr blühen.

England hat bereits einen Spitzensteuersatz von 40%, die angekündigte Erhöhung auf 50% ist gleichwohl drastisch. Ein noch dramatischerer Eingriff ist in Spanien geplant, wo Ausländer in der Top-Steuerklasse dank des 2004 erlassenen sogenannten Beckham-Gesetzes gegenwärtig mit einem Steuersatz von nur 24% besteuert werden. Dieses Gesetz wurde erlassen, um Topverdienern aus allen Branchen einen Anreiz zu bieten, ins Land zu kommen. Nun soll der Spitzensteuersatz Anfang nächsten Jahres von 24% auf 43% steigen. Obwohl das spanische Gesetz keine Rückwirkung entfaltet, sind seine Auswirkungen auf den spanischen Fußball nur allzu gut vorstellbar. Wechsel von Top-Spielern wie Alonso, Ibrahimovic, Kaka, Ronaldo oder Benzema zu spanischen Clubs wie noch im letzten Jahr erscheinen unter den Bedingungen dieses wenig wettbewerbsfähigen Gehaltsschemas in Zukunft weniger wahrscheinlich. Einige kürzlich erschiene Artikel haben sich mit den Auswirkungen auf die spanische Primera Division befasst, die mit Streik droht, falls die angekündigte Erhöhung des Steuersatzes Wirklichkeit zu werden droht. Den möglichen positiven Auswirkungen wurde jedoch kaum Beachtung geschenkt.

Zu diesen zählt vor allem eine mögliche Assimilierung der Ligen. Ein gewisser Grad an Parität kann - wie in den amerikanischen Ligen NFL, NBA und auch der Major League Baseball - durchaus positiv sein. So könnte etwa das Erringen der Meisterschaft in der Champions League und den anderen europäischen Wettbewerben für eine größere Zahl an Vereinen möglich sein und letztendlich zu einer größeren Leitungsdichte und Attraktivität der Ligen führen. In den letzten Jahren dominierten englische und spanische Clubs die Champions League. Die Rückkehr von deutschen, italienischen oder auch portugiesischen und holländischen Clubs aufs Podium hätte eine belebende Wirkung für die gesamte Sportart. Und dies erscheint nur dann möglich, wenn es für die Top-Spieler schlicht finanziell weniger reizvoll wird zu einem der großen Clubs wie Madrid, Manchester, Barcelona oder London zu wechseln.

Deshalb könnte die Geldgier in diesem Fall – abgesehen von der Maßlosigkeit einiger Sportler, die besonders in diesen ökonomisch schwierigen Zeiten viele von uns erschrecken – eine gute Seite haben. Wenn es sich Spieler zweimal überlegen, ob sie aufgrund des Besteuerungssystems nach England oder Spanien wechseln oder aber auch der Verbundenheit zu einem Club oder Land folgen, könnte das Ergebnis eine größere Ausgewogenheit der europäischen Ligen bedeuten, was letztlich zu einer interessanteren und wettbewerbsfähigeren Struktur führen würde.

No comments:

Post a Comment